Mit zwei Stöcken wieder fit
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Mit zwei Stöcken wieder fit



Mit zwei Stöcken wieder fit



Erich Link (geb. 1935) ist Schreinermeister und führte ein erfolgreiches Möbelhaus. Mitte der 90-er Jahre bekam er Herzprobleme und einen Stent implantiert. In dem Interview, an dem auch sein Kardiologe Dr. med. Andreas Hölscher teilnahm, schildert er, wie ihm regelmäßiges Ausdauertraining in der Rhön dabei half Kondition aufzubauen und neue Lebensfreude zu gewinnen.


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Ich bin immer schon gern gelaufen, und das Laufen hat mich dann auch wieder fit werden lassen – vor allem, als ich in eine Nordic Walking-Gruppe ging. Man läuft wie in einer Schiene drin, weil man links und rechts ein Gleichgewicht hat. Und den Berg rauf geht es mit Stöcken viel, viel besser.

Frage:
Die Stöcke helfen Ihnen also eine Leistung zu erbringen, die Sie ohne so nicht bringen würden?


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Genau. Die Stöcke tragen einen Teil des Körpergewichts und geben einen zusätzlichen Schub. Ich musste früher bergauf immer noch mal stehen bleiben. Wenn ich heute weiß, wie steil der Berg ist, richte ich mir die Geschwindigkeit danach ein und mache halt etwas kürzere Schritte. Wenn ich einmal mein Tempo habe, geht das bergan, wie mit einem Motor. Es macht Spaß zu merken, dass man nicht aus dem letzten Loch pfeift.




Frage:
Hatten Sie denn nach Ihrer Herzerkrankung zunächst Bedenken, sich wieder sportlich zu bewegen?


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Als die Reha zuende war, wurde mir von der Krankenkasse empfohlen mich zu der Koronarsportgruppe anzumelden. Da gibt's ja verschiedene Gruppen. Ich bin erstmal in die ganz leichte Gruppe gegangen, die mehr so Bodenübungen macht. Aber zum Schluss bin ich in der Gruppe gelandet, die auch viel Ausdauersport betreibt. Und danach zum Nordic Walking.


Frage:
Wie hat denn Ihr Herz reagiert, als Sie wieder Sport gemacht haben?


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Es hat schon manchmal noch leicht gezwickt, aber das hat schnell aufgehört. Man muss in sich reinhören. Ich habe mich langsam von Gruppe zu Gruppe hochgearbeitet.
Heute habe ich mindestens so viel Kondition wie früher. Mindestens! Früher hab' ich 80 Stunden im Geschäft gesteckt, und dann hat's eben einen Schlag getan. Das war der Stress. Nordic Walking hilft mir zu entspannen. Man muss an nichts denken. Nur an sein bisschen Laufen.


Frage:
Laufen Sie mit Pulsuhr und überprüfen damit Ihr Herz?


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Bei dem Kurs wurde mit Uhr gelaufen. Da hat man schon ein Gefühl für die Anforderungen gekriegt. Ich selber habe noch keine. Aber nach dem Sport messe ich meistens den Blutdruck. Wenn ich zwei Tage nicht gelaufen bin, geht der hoch.


Dr. Hölscher:
Viele Athleten trainieren auch ohne Pulsuhr. Wer seit langem Sport treibt, der weiß, wo seine Grenze ist und hat eine innere Uhr. Wenn Sie sich das zutrauen, Herr Link, machen Sie es ruhig so. Aber grundsätzlich würde ich Herzpatienten eher den Rat geben mit Uhr zu laufen. Denn diese Feinfühligkeit hat nicht jeder.


Frage:
Nun hatte Herr Link, weil er schon früher gern in der Natur unterwegs war, einen regelrechten Drang, nach seiner Erkrankung wieder aktiv zu werden. Ist das typisch?


Dr. Hölscher:
Nein. Viele Herzpatienten haben zunächst überhaupt kein Vertrauen mehr in ihren Körper. Der Reha-Aufenthalt und die anschließende Herzsportgruppe sollen wieder den Mut vermitteln sportlich aktiv zu werden.


Frage:
Kann jemand, der einen Herzinfarkt hatte und dann über die Koronarsportgruppe wieder „in Bewegung gesetzt“ worden ist, anschließend auch ohne Aufsicht eines Trainers allein mit seinen Stöcken trainieren? Oder sollte immer jemand dabei sein?


Dr. Hölscher:
Die Krankenkasse finanziert die Herzsportgruppe derzeit in der Regel nur noch für ein Jahr. Grundsätzlich können beschwerdefreie Patienten den Sport danach allein weiterführen. Wer Angst hat, sollte in der Gruppe laufen. Das hat noch einen zweiten Vorteil: Die Gruppe motiviert. Sie trifft sich regelmäßig an einem festen Termin. Das ist für den Teilnehmer psychologisch eine größere Verpflichtung als das Training allein. Da bleibt man nicht bei jeder Regenwolke daheim. Deshalb empfehle ich eher die Gruppe.


Frage:
Kann denn ein Herzpatient, der in Maßen Nordic Walking betreibt, überhaupt etwas falsch machen?


Dr. Hölscher:
Wenn er die Grenzen, die durch die Pulsuhr vorgegeben sind, einhält, eigentlich nicht. Aus mehrjähriger Erfahrung kann ich sagen: Das ist eine nahezu ideale Bewegungsform und eine der verletzungsärmsten Sportarten.













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