Mit Nordic Walking gegen Zucker
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Mit Nordic Walking gegen Zucker



Mit Nordic Walking gegen Zucker



Dr. med. Andreas Hölscher im Gespräch


Dr. Hölscher, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, ist Partner einer diabetologischen Schwerpunktpraxis in Fulda. Sein besonderes Interesse liegt im Bereich der Prävention von Herzkreislauf-Erkrankungen. Dr. H. ist stellv. Vorsitzender des Diabetesnetzes Osthessen.

„Haben Sie Übergewicht und sind vielleicht (zugleich) auch Diabetiker? Wir helfen Ihnen etwas für Ihre Gesundheit zu tun: 10 Wochen lang, zweimal die Woche, eine Nordic Walking-Einheit unter Anleitung eines erfahrenen Trainers und mit ärztlicher Beratung. Plus Ernährungstipps. Das macht Spaß und tut Ihnen gut. Machen Sie mit!“

Mit diesem Aufruf begann im Frühjahr 2004 im Raum Fulda eine Präventivaktion besonderer Art. Initiator war das Diabetesnetz Osthessen e.V., ein Zusammenschluss erfahrener Hausärzte und Fachärzte. Der Verein fördert die Prävention und Rehabilitation auf dem Gebiet weit verbreiteter Krankheiten wie Stoffwechselerkrankungen und Bluthochdruck.




„Viele Zivilisationskrankheiten sind Folgen von Bewegungsmangel und falscher Ernährung“, schrieben die Ärzte in ihrem Flugblatt. „Wer auf diesen beiden Gebieten etwas tut, der hat gute Chancen seinen Gesundheitszustand positiv zu beeinflussen. Wir möchten, dass es Ihnen besser geht! Aus langer Erfahrung in unseren Praxen wissen wir, dass die Volkskrankheit Diabetes häufig mit Übergewicht einhergeht. Je größer das
Übergewicht, desto weniger sind die Patientinnen und Patienten bereit Sport zu treiben. Sie haben Angst nicht genug Leistung zu bringen oder vor anderen keine gute Figur zu machen. Mit dem neuen Trendsport Nordic Walking gibt es jetzt eine Sportart, die es Einsteigern ausgesprochen leicht macht. Zwei Stöcke geben Ihnen Power. Noch nie war es so einfach sich in Bewegung zu setzen!“


Eingeladen wurde zu einem 10-wöchigen Kurs unter professioneller Anleitung, zusammen mit Gleichgesinnten, kombiniert mit einer mehrmaligen Ernährungsberatung. Und das Ganze bei regelmäßiger Teilnahme zu 80 Prozent von der Krankenkasse erstattet. Das kam an: 165 Interessenten drängten sich beim Informationsabend, und 133 haben dann tatsächlich zwanzigmal mit Disziplin trainiert. Der Erfolg blieb nicht aus ...


Frage:
Herr Dr. Hölscher, das Diabetes-Netz Osthessen hat eine interessante Präventionsaktion durchgeführt, auf deren Ergebnisse wir gleich eingehen werden. Was hat Sie zu dieser Aktion bewogen?


Hölscher:
Wir beschäftigen uns beruflich überwiegend mit den Folgen von Diabeteserkrankungen und wollten einen Versuch wagen, bei den teilnehmenden Patienten einer Diabeteserkrankung zuvorzukommen.


Frage:
Hat Sie die außerordentlich hohe Resonanz auf Ihren Aufruf erstaunt?


Hölscher:
Wir haben mit dieser enormen Resonanz nicht gerechnet. Nun ist Nordic Walking eine Trendsportart, und das hat sicher geholfen. Doch gerade für unsere Zielgruppe ist es auch eine Sportart, die sich nach meiner Überzeugung langfristig etablieren wird.


Frage:
Nach der Aktion haben Sie die Ergebnisse ausgewertet. Was ist zum Beispiel bei den kreislaufrelevanten Parametern herausgekommen? Was haben zehn Wochen à zwei Trainingstermine gebracht?


Hölscher:
Zunächst einmal ist die Gewichtsabnahme zu erwähnen, die im Durchschnitt etwa dreieinhalb Kilo pro Teilnehmer betrug. Dann haben wir eine Blutdruckminderung erzielt, die etwa der Wirkung einer Bluthochdruck-Tablette entspricht. Auch der Ruhepuls ist etwa in der Dimension zurückgegangen, wie es sonst nur durch den Einsatz eines Betablockers erzielbar gewesen wäre.


Frage:
Haben sich auch die zuckerrelevanten Parameter positiv verändert?


Hölscher:
Interessant ist ein Laborwert, der “Langzeitzucker” (Hb A1c-Wert). Er hat sich in einer Weise verbessert, für die man sonst eine Blutzucker-Tablette benötigen würde. Auch die Blutfette haben sich etwa im Rahmen der Wirkung einer halben Tablette gegen erhöhte Blutfette entwickelt.




Frage:
Und was hat das jetzt für die Patienten zur Folge?


Hölscher:
Für viele Teilnehmer hat es zur Folge, dass sie zunächstgar keine Medikamente mehr benötigen, um ihre Erkrankung zu behandeln und ihr kardiovaskuläres Risiko zu senken. Und für einige Teilnehmer bedeutet es, dass ihre Medikamentendosis um bis zu zweieinhalb Tabletten täglich reduziert werden kann.


Frage:
Sehen wir einmal von den Patienten ab, die sich nach eigenen Aussagen alle wohler fühlen als vor der Aktion. Hat Ihr Pionierprojekt darüber hinaus auch volkswirtschaftliches Potenzial?


Hölscher:
Sicherlich. Eine volkswirtschaftliche Wirkung kann man dann erzielen, wenn solche Aktionen in größerem Rahmen stattfinden würden und man das Risikoklientel gezielt ansprechen würde. Wenn bis zu zweieinhalb Tabletten pro Patient und Tag eingespart werden, hätte dies – auf die vielen Millionen Betroffenen hochgerechnet – eine erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung und wäre eine enorme Entlastung unseres Gesundheitswesens.


Frage:
Wie würden Sie die Aktion Ihres Diabetes-Netzes zusammenfassend bewerten? Hat es sich gelohnt und würden Sie es wieder machen?


Hölscher:
Wir werden es wieder machen! Wir sind besonders darüber erfreut, wie viele unserer Teilnehmer sich in Nordic Walking-Gruppen zusammengefunden haben und inzwischen ohne unsere Betreuung eigenständig weiterlaufen. Das macht mich optimistsch auch andere Kollegen zu ermuntern, solche Aktionen durchzuführen – natürlich in möglichst großem Rahmen.


Frage:
Nordic Walking hat natürlich den Vorteil einer sehr niedrigen Einstiegshürde. Es ist leicht zu erlernen, es erfordert am Anfang weder besondere Kraft nach Ausdauer. Glauben Sie, dass sie mit einer anderen Sportart – Fahrradfahren, Jogging - die gleiche Wirkung hätten erzielen können?


Hölscher:
Nein, sicherlich nicht. Nordic Walking hat für unsere Zielgruppe einige wichtige Vorteile. Erstens, die Verminderung der Gelenkbelastung, so dass auch übergewichtige Menschen es problemlos ausführen können. Zweitens, der hohe Kalorienumsatz, der bei relativ leichter Erlernbarkeit der Technik erzielt werden kann. So finden bisher bewegungsarme Menschen einen leichten Einstieg in effektive körperliche Aktivität.













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