Dem Rhönschaf auf der Spur
nordic-plus.de » Dem Rhönschaf auf der Spur
Dem Rhönschaf auf der Spur



Dem Rhönschaf auf der Spur



Vierbeinige Landschaftspfleger


Das Besondere am „Land der offenen Fernen“ sind die vielen freien, baumlosen Flächen. Ausgedehnte Wiesen erlauben den Blick in die Weite, den es in anderen, waldreicheren Mittelgebirgen in dieser Form nicht gibt. Die Rhön ist eine Landschaft, wo man die Seele baumeln lassen kann.

Die durch frühere Rodungen entstandenen „offenen Fernen“ wären rasch wieder verbuscht, wenn sie nicht beweidet würden – durch Rinder und in den Höhenlagen vor allem durch Schafe. Dabei passt es zur Einzigartigkeit der reizvollen Landschaft, dass auch die Schafe hier authentisch sind.


Schwarzer Kopf und weiße Weste


Als einziges Mittelgebirge kann die Rhön mit dem Rhönschaf eine eigene Schafrasse aufbieten. Von eher zierlichem Körperbau, mit hohen Beinen, weißem Fell und dem schlanken schwarzen Kopf gilt das Rhönschaf als schönste deutsche Landschafrasse, und es hat nicht umsonst als das Maskottchen „Manfred“ des Radiosenders hr3 überregional Furore gemacht. Zusammen mit der Silberdistel symbolisiert das Rhönschaf die Landschaft, deren Namen es trägt.


Ohne Schäfer keine Schafe


Das Comeback der Rhönschafe (mehr dazu s. u.) ist wesentlich ein Verdienst der Rhönschäfer, vor allem der wenigen hauptberuflichen Schäfer. Der wohl bekannteste von ihnen ist Rhönschäfer Dietmar Weckbach aus Wüstensachsen, im Einzugsbereich unserer Strecke der Saison April 2009. Weckbach hat die Gabe, seine Begeisterung für die Tiere und seine Heimat lebhaft und glaubhaft vermitteln zu können und war bereits häufig in Fernsehsendungen zu Gast. Es ist ein Erlebnis, dabei zu sein, wenn er seine große Herde mit Hilfe seiner Hunde herumdirigiert.


Eindrücke aus erster Hand


Weckbachs Hof liegt in einem Tal außerhalb von Wüstensachsen, rechts der Straße, die hinauf zur Hochrhönstraße führt. Etwa ein Kilometer hinter dem Ort weist rechter Hand ein kleines Schild mit einem Schaf den Weg. Der Schäfer ist in der Regel täglich zwischen 12.00 und 14.00 Uhr auf dem Hof, samstags zwischen 12.00 und 17.00 Uhr. Übrigens: Man kann dort leckere Lamm-Produkte verkosten, darunter eine sagenhafte Lamm-Salami. Samstags werden Kutschfahrten angeboten.

Mehr Infos unter » www.schaeaferei-weckbach.de  


Hintergrund-Info


Wir können von Glück reden, dass es überhaupt noch Rhönschafe gibt. Denn während in der Rhön vor rund 200 Jahren mehrere hunderttausend Schafe lebten, war der Bestand um 1980 auf wenige Dutzend zurückgegangen. In letzter Minute wurde die Rasse dann von Naturschutzverbänden vor dem Aussterben bewahrt. Inzwischen gibt es wieder über 4.000 Muttertiere. Als vierfüßige Landschaftspfleger kommt den Tieren im Biosphärenreservat Rhön eine wichtige Rolle zu.

Die Haltung von Rhönschafen hat auch eine wirtschaftliche Dimension. Durch gezielte Vermarktung des Lammfleisches und fettarmer Wurstwaren wurde die Schafhaltung wieder lohnend. Schließlich macht es  nur Sinn, etwas zu produzieren (in diesem Fall Lämmer), was sich auch verkaufen lässt. Nachdem die Verbraucher aus nah und fern erst einmal erkannt hatten, wie wohlschmeckend das Fleisch der Rhönschafe ist, stieg die Nachfrage an - und damit der Verdienst der Schäfer. Die Herden wuchsen, zum Wohle der Landschaft. „Schutz durch Nutzen“ nennen das die Experten. Auch wenn dies seltsam klingen mag: Wer Rhönschaf-Produkte kauft und verzehrt, leistet einen Beitrag zum Naturschutz.  

Konkret bedeutet das: Im Land der offenen Fernen bleibt die charakteristische Weite der Landschaft nur erhalten, wenn die schwer zu bewirtschaftenden Wiesen und Hochflächen beweidet werden – von Rindern oder eben von Schafen. Insbesondere die artenreichen Kalkmagerrasen und die europaweit bedeutenden Borstgrasflächen würden ohne regelmäßigen Verbiss als wertvolle Biotope nicht überleben. Ohne die gefräßigen Schafe, die das Gras kurz halten, gäbe es keine Küchenschelle und keine Arnika, keine Trollblume, kein Fransenenzian und auch keine Silberdistel.    

Übrigens: Neben den Schäfern kommt auch den heimischen Gastronomen in dieser Erfolgsgeschichte eine tragende Rolle zu. Sie setzten kreative Rhönlamm-Spezialitäten auf die Speisekarte und kurbelten damit die Nachfrage an.